Tom Fischer ist Gründer des nachhaltigen Start-ups ‘prosa clothing’, welches designsichere Fashionprodukte aus Merinowolle vertreibt und am 28.07.2018 gegründet wurde. Von der Idee bis zur Platzierung am Markt vergingen zwei intensive und aufregende Jahre für den dreißigjährigen Gründer.
Wir haben eine hier im Leuchtturm Workspace kurze Auszeit vom CoWorking Alltag genutzt, um ein Interview mit Tom zu führen.
Prosa ist eine Firma, die viel Wert auf Nachhaltigkeit legt. Du bietest mit prosa einen ganz besonderen Service an, indem die gekauften Produkte repariert oder in einen zweiten Lebenszyklus überführt werden. Entscheiden sich deine Kunden bewusst für diesen Mehrwert oder kaufen sie diese Shirts, weil sie aus Merinowolle gefertigt sind?
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- „Ich denke bzw. hoffe, dass sich Kunden primär aufgrund der höheren Qualität der verwendeten Wolle – höchste Qualität, im Sinne der Feinheit, ökologisch und nachhaltige Produktion, mehrfach vorgewaschen und geht daher nicht ein, so ziemlich alle Nachhaltigkeits- und Qualitätssiegel – und schlussendlich der verarbeiteten Stoffe – Spezielle Webverfahren, enger verwoben, kein Verziehen, haltbar und langlebig, keine Schadstoffe – für prosa entscheiden. Nichtsdestotrotz, ist, aufgrund der häufig schlechten Erfahrung mit der Haltbarkeit anderer Hersteller, wahrscheinlich auch der Reparaturservice ein ausschlaggebender Grund. Das ‘Shirts for Krarakul’-Projekt läuft erst an, wird aber mit großer Begeisterung aufgenommen.“
Warum Merinowolle? Warst du auf der Suche nach einem abbaubaren Material oder haben dich die liebenswerten Schafe schon länger begleitet? Wo genau befinden sich die Schafe, deren Wolle du verarbeiten lässt.
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- „Ich bin vor 6-7 Jahren auf das Material aufmerksam geworden. Damals allerdings im Rennrad-Kontext, da ich synthetische Kleidung aus Lycra und Polyester noch nie mochte, aufgrund der Haptik aber auch der unangenehmen Gerüche, die sich schnell einstellen. Merinowolle ist ein völlig natürliches Material, das derart viele einzigartige Funktionen und Eigenschaften aufweist, die in der Fülle und Kombination schlicht nicht synthetisch nachahmbar sind. Da es zwar viel Funktionswäsche, v.a. Unterwäsche, aus Merino gibt, ebenso wie auch Firmen, die ursprünglich, ähnlich wie prosa Kleidung, aus 100% Merino hergestellt haben, besteht der Markt inzwischen primär aus „minderwertigen“ Mischgeweben. Abgesehen davon, möchte prosa natürlich ein gänzlich neues Kleidungskonzept umsetzen: Kleidung für Alltag und Abenteuer, d.h. Kleidungsstücke die vielseitig und nachhaltig sind und darüber hinaus auf zeitloses Design, maximale Qualität und höchste Funktionalität zurückgreifen.
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- Wir arbeiten mit einem deutschen Stoffhersteller zusammen, welcher sich der Nachhaltigkeit verpflichtet und eigene Farmen unterhält. Alle Zwischenstufen werden mit Partnern umgesetzt, welche sich ebenso dem Credo der Nachhaltigkeit zuwenden. Daher können wir nicht nur auf höchste Qualität, sondern auch auf jedes erdenkliche Nachhaltigkeits- und Qualitätssiegel zurückgreifen, wie z.B. die Eco Flower als das europäische Ökolabel für nachhaltige Unternehmen, das IVNV Best Zertifikat für Naturtextilien sowie den Global Organic Textile Standard (GOTS) und die Oeko-tex Standards 100 sowie 200. Die Wolle stammt von Farmen aus Neuseeland und Australien, die ausschließlich mulesingfreie Wolle produzieren.“
Ein altes prosa Produkt wird Teil des ’Shirts for Karakul’-Projektes. Kannst du das Projekt ‘Shirt for Karakul’ genauer erklären? Was passiert mit dem prosa-Shirt in diesem Projekt? Wie bist auf die Idee gekommen?
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- „Prosa greift nicht nur auf ein nachhaltiges Material zurück, sondern ebenso auf einen nachhaltigen Umgang mit Textilien. Daher bieten wir unseren Kunden einen kostenlosen Reparaturservice an. Sollte ein Produkt jedoch nicht zu reparieren sein, greift der prosa Replacement-Service. Der Kunde erhält einen großen Rabatt auf das gleiche Produkt. Das irreparable Shirt wird dann von uns upgecycelt und wird Teil des ‘Shirts for Karakul Projektes’. In Zusammenarbeit mit Nähschulen wird der vorhandene Stoff, natürlich gründlich gereinigt, zu kleineren „neuen“ Shirts genäht, die prosa an ein Projekt in Tadschikistan spendet. Kindern wird in diesem Projekt die heimische Bergwelt näher gebracht. Aufgrund der sehr armen Lebensverhältnisse ist es vielen Kindern nicht möglich, derartige Touren umzusetzen. In Tadschikistan bekommt die Merinowolle ein zweites Leben und sollte dieses irgendwann verwirkt sein, kann das Shirt 2.0 einfach verrotten und hinterlässt keinen Müll. So ein Shirt kompostiert innerhalb von 3 Monaten rückstandslos.“
Gründen ohne Rückschläge ist fast unmöglich. Was war dein schlimmster Rückschlag?
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- „Man könnte Gründen auch als Reihe von Rückschlägen begreifen, was ich persönlich als enorm wichtig erachte. Denn im operativen Geschäft fehlt die Zeit, um sich zu ärgern oder langwierig aufrappeln zu können, weshalb man sich ein dickes Fell zulegen muss – Das schafft eine erfolgreiche Gründung. Mein größter Rückschlag war, dass die Lieferung unserer ersten Produktlinie mit der enormen zeitlichen Verzögerung von knapp 4 Monaten bei mir eingetroffen ist.“
Wie würdest du Gründer ermutigen, die sich gerade in der Ideenphase befinden?
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- „Wer mit Passion für eine Sache brennt, wird immer Lösungen und Möglichkeiten finden, seinen Traum umzusetzen. Am Ende geht es immer um die Mischung von Vision und Realismus – Träumen ist erlaubt und sogar erwünscht, jedoch ist es nötig die betriebswirtschaftliche Grundlage auf dem Schirm zu haben und nie zu vernachlässigen.“
Wir danken dir für dieses schöne Interview. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, uns einen Blick hinter die Kulissen von prosa zu ermöglichen.